Vor dem Hintergrund von Leitzinssenkungen und nachlassender Inflation sind die derzeit vergleichsweise hohen Renditen von Staatsanleihen für Anleiheinvestoren besonders attraktiv. Die Entwicklung des US-Dollars wird dabei eine Schlüsselrolle für die Aussichten von Schwellenländeranleihen spielen.
Wir halten an unserem positiven Ausblick für Anleihen auch zum Jahresauftakt 2025 noch fest. Die sich abschwächende Wirtschaftsleistung und eine gedämpfte Inflation erlauben weitere Leitzinssenkungen. Wie schnell und um wie viel die geldpolitischen Zügel gelockert werden können, mag unter einer Trump-Regierung zwar noch ungewisser sein, aber die Richtung scheint klar. Diese Unsicherheit kann Anlegern taktische Chancen eröffnen, um ihre Durationspositionierung während des Lockerungszyklus auf- oder auszubauen.
Die Staatsanleihen der meisten Industrieländer werden voraussichtlich attraktive Renditen bieten, denn die Zentralbanken müssen sich weniger um die Inflation sorgen. Sie können ihre Leitzinsen daher stärker an der sich abschwächenden Binnennachfrage und internationalen gesamtwirtschaftlichen Aktivität ausrichten. An den Geldmärkten ist eine weiche Landung eingepreist. Voraussichtlich werden die Leitzinsen in den USA auf etwa 3,75 % und in der Eurozone unter 2,0 % fallen. Mit der Senkung der Leitzinsen werden die Zinsstrukturkurven nach unten gezogen, und zwar in einem klassischen „Bull Steepening“ vor allem von den kurzen Laufzeitbereichen. Die Durationspositionierung ist jedoch wichtig: Historisch gesehen sind die Renditen am langen Ende der Zinsstrukturkurve zu Beginn des Lockerungszyklus deutlich höher (Abbildung 1). Die Entwicklung wird jedoch nicht reibungslos verlaufen. Der Treasury-Markt auf Änderungen der in Fed-Funds-Futures eingepreisten Leitzinsen und die bevorstehende Fiskal- und Handelspolitik der Trump-Regierung reagieren müssen. Die Richtung ist jedoch klar und bietet Anlegern die Chance, ihre gewünschte Durationspositionierung zu relativ attraktiven Kursen zu erreichen. Die große Ausnahme unter den Industrieländern sind japanische Staatsanleihen, vor allem kurzlaufende, da die Geldpolitik dort andere Mandate und eine andere Richtung verfolgt.
Längerfristig stützen auch die demografischen Trends unsere positive Haltung gegenüber Anleihen. Ein gedämpftes Wachstum der Erwerbsbevölkerung und der Produktivität begrenzt das potenzielle Wachstum in vielen Industrieländern leicht und wirkt mittel- bis langfristig stabilisierend auf die Renditen von Staatsanleihen.
Eine weiche Landung kann Renditen im mittleren einstelligen Bereich ermöglichen, denn Anleger profitieren von einer relativ hohen Verzinsung und einem generell günstigen Roll-Effekt. Dies variiert jedoch je nach aktueller Verzinsung von Land zu Land: US-Staatsanleihen scheinen attraktiver als Staatsanleihen aus Kernländern der Eurozone, die aufgrund eines ganz anderen Ausgangsniveaus moderatere Renditen abwerfen. Eine härtere Landung könnte die Renditen sogar bis in den zweistelligen Bereich steigen lassen.
Enorme Haushaltsdefizite und hohe Staatsverschuldung bleiben eine große und bisher ungelöste Herausforderung. Obwohl das Hauptaugenmerk den USA gilt – vor allem im Hinblick auf das Wahlergebnis –, ist dies aufgrund alternder Bevölkerungen in Europa und Asien ein ebenso drängendes Problem und das offensichtlichste Risiko für einen ansonsten ermutigenden Ausblick.
Im Investment-Grade-Bereich (IG) befinden sich die Spreads nahe historischer Tiefststände, sodass wenig Aussicht auf eine weitere Einengung besteht (Abbildung 2). Trotz im Schnitt solider Fundamentaldaten können sich die Stärke der Unternehmensbilanzen und die Zinsdeckung im Verlauf des Kreditzyklus durchaus verschlechtern. Erste Anzeichen gibt es bereits: In den USA liegt die Verschuldung von Nicht-Finanzunternehmen zwar unter dem pandemiebedingten Hoch, ist zuletzt aber wieder gestiegen. Indes sind die Gewinnmargen dieser Nicht-Finanzunternehmen zur Zeit auf ein Allzeithoch geklettert. Nur wenn dieser Trend anhält, kann sich die Zinsdeckung in diesem Segment verbessern. Andernfalls schwächt sie sich vielleicht sogar weiter ab.
Hochzinsanleihen befinden sich in einer ähnlichen Position wie Investment-Grade-Anleihen. Da die Spreads auf ihrem niedrigsten Stand seit 2007 liegen, wird die Wertentwicklung eher durch die fallende Verzinsung als durch eine weitere Spread-Einengung bestimmt. Viele Emittenten, die sich aufgrund der gerade hohen Verzinsung zurecht über eine bevorstehende Welle fällig werdender Anleihen gesorgt hatten, konnten sich zu niedrigeren Zinsen und Spreads refinanzieren. Dadurch hat sich der technische Ausblick verbessert. Bisher waren die günstigen Refinanzierungsbedingungen eher ein Phänomen des USD-Markts. Die fallenden Renditen und engeren Spreads sind jedoch weiter verbreitet und auch Euro- (und andere) Emittenten könnten noch von besseren Refinanzierungsbedingungen profitieren.
Die Spreads bei Hartwährungsanleihen aus Schwellenländern haben sich zwar eingeengt, aber die meisten Kreditereignisse waren bereits eingepreist. Der positive Ausblick für US-Staatsanleihen bedeutet, dass Anleger in diesem Anleihesegment weiter Chancen finden. Außerdem dürfte sich mit der Zinswende in den USA eine andere Stütze des Außenwerts des US-Dollars abschwächen, was die Stimmung gegenüber Schwellenländeranlagen stärken würde.
Die Dynamik des US-Zinszyklus kann auch eine Lockerung der Geldpolitik in den Schwellenländern ermöglichen, wovon auch deren Lokalwährungsanleihen profitieren. Hier bestehen jedoch regionale Unterschiede. Der Inflationsdruck und die Wirtschaftslage sind für jeden Emittenten von Lokalwährungsanleihen anders. Wir können daher nicht davon ausgehen, dass alle Regionen in den kommenden Quartalen gleichermaßen die geldpolitischen Zügel lockern. China, ein Schwergewicht unter den Emittenten von Lokalwährungsanleihen, verfügt beispielsweise über die Ressourcen, um die Binnennachfrage anzukurbeln. Wie wirksam die aktuellen und etwaige zukünftige Maßnahmen sein werden, ist jedoch unklar.
Wie oben erwähnt, kann sich die Haltung der kommenden Trump-Regierung auf die Renditen von US-Staatsanleihen und auf den US-Dollar auswirken. Das würden auch beide Segmente der Schwellenländeranleihen zu spüren bekommen. Es wird darauf ankommen wie zielgerichtet eine protektionistische US-Handelspolitik ist; Sie kann einen großen Einfluss auf die Stimmung bezüglich einzelner Länder haben.
Generell rechnen wir mit einem günstigen Umfeld für Staatsanleihen aus Industrieländern. Die Entwicklung der Fiskal-, Handels- und Geldpolitik wird voraussichtlich Stimmungsschwankungen und zeitweise Volatilität auslösen. Für Anleger können dabei Chancen entstehen, um ihre Duration anzupassen oder zu verlängern. Anleiheinvestoren, die mit begrenztem Potenzial für eine weitere Spread-Einengung und einem reifenden Kreditzyklus konfrontiert sind, können mit mehr Renditestreuung und Volatilität rechnen. Das sind gute Voraussetzungen für einen aktiven Investmentansatz.